Erbschaftsteuer Spanien: EuGH entscheidet über die Doppelbesteuerung spanischer Bankguthaben im Erbfall

 

Erbt eine in Deutschland ansässige Person Kontoguthaben bei einem spanischen Finanzinstitut, so hat er dafür nach dem in Spanien als beschränkt Steuerpflichtiger die spanische Erbschaftsteuer zu entrichten.
Damit aber nicht genug. Der in Deutschland ansässige Erbe hat ebenfalls in Deutschland eine Steuererklärung über die Erbschaft abzugeben, da er dort ansässig ist und seine Erbschaft komplett (alle weltweit durch die Erbschaft erworbenen Rechte) erklären muss.
§ 21 ErbStG Deutschland behandelt die Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer und sieht vor, daß bei Auslandsvermögen eine Anrechnung der im Ausland gezahlten Erbschaftsteuern gewährt wird. Es wird also unterschieden zwischen Auslands- und Inlandsvermögen. Eine Anrechnung ausländischer Erbschaftssteuer findet also nur statt, wenn es sich um Auslandsvermögen handelt. Was wiederum als Auslandsvermögen gilt, wird durch verweis auf §121 im deutschen Bewertungsgesetz definiert. Dort sind jedoch Kontoguthaben bei Kreditinstituten nicht aufgezählt.
Somit ist bei Kontoguthaben die im Ausland gezahlte Erbschaftssteuer nicht anrechenbar und es findet demzufolge eine Doppelbesteuerung statt, da der Erbe sowohl die spanische als auch die deutsche Erbschaftssteuer zu zahlen hat.

Der Bundesfinanzhof  hatte in einer solchen Sache zu entscheiden, setzte das anhängige Verfahren aus und legte die Sache dem EuGH m Rahmen eines Vorabentscheideverfahrens vor. Dieser hat nun sein Urteil abgegeben (AZ: C‑67/08).

Der EuGH hat entschieden, daß die Art. 56 EG und 58 EG dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, nach der bei der Berechnung der Erbschaftsteuer, die von einem Erben mit Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat auf Kapitalforderungen gegen ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Finanzinstitut geschuldet wird, die in dem anderen Mitgliedstaat entrichtete Erbschaftsteuer auf die im erstgenannten Mitgliedstaat geschuldete Erbschaftsteuer nicht angerechnet wird, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens seinen Wohnsitz im erstgenannten Mitgliedstaat hatte.

Einfach gesagt bedeutet das, daß der EuGH diese Doppelbesteuerung in diesen Fällen als vereinbar mit dem Europarecht ansieht. Wer also in Deutschland ansässig ist und im Rahmen einer Erbschaft auch Kontoguthaben bei ausländischen Finanzinstituten erbt, der muss immer dafür in Deutschland Erbschaftsteuer zahlen, auch wenn er bereits in dem Land Steuern bezahlen musste, wo das Konto geführt wird.

Die Entscheidung des EuGH scheint auf den ersten Blick unverständlich. Sollen doch die Art. 56 EG und 58 EG den freien Kapitalverkehr gewährleisten und eine effektive Doppelbesteuerung ist nicht gerade das, was man unter freiem Kapitalverkehr versteht.
Der EuGH hat jedoch richtig erkannt, daß der Steuernachteil daraus erfolgt, daß jeder Staat seine Besteuerungsbefugnis parallel ausgeübt und Anknüpfungspunkte für die Steuer unterschiedlich festgesetzt hat. Deutschland stellt bei Kapitalforderungen gegen ein Kreditinstitut auf den Wohnsitz des Gläubigers (des Erben) ab, Spanien hingegen auf den Sitz des Schuldners (die Bank, die den Betrag an den Erben zu zahlen hat) ab. Diese Doppelbesteuerung ist also nicht Ergebnis einer gewollten Diskriminierung, sondern nur das Ergebnis der steuerlichen Kompetenz des jeweiligen Mitgliedsstaates. Das Gemeinschaftsrecht schreibt aber derzeitig in Bezug auf die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft keine allgemeinen Kriterien für die Kompetenzverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor und verpflichtet sie nicht,  ihr eigenes Steuersystem  den verschiedenen Steuersystemen der anderen Mitgliedstaaten anzupassen, um die sich aus der parallelen Ausübung ihrer Besteuerungsbefugnisse ergebende Doppelbesteuerung zu beseitigen und so die Anrechnung der Erbschaftsteuer zu ermöglichen.

Abhilfe schaffen kann bei der Doppelbesteuerung spanischer Bankguthaben im Erbfall nur ein Doppelbesteuerungsabkommen für Erbsachen zwischen Deutschland und Spanien. Ein solches ist derzeitig nicht geplant.

Volker Borges
Rechtsanwalt & Abogado Inscrito
Palma de Mallorca, den 08.01.2010
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Beitrag vom 01.03.2008:

Im Beitrag vom Mai 2006 wurde bereits darauf hingewiesen, daß Bankguthaben in Spanien von nicht Residenten sowohl mit deutscher als auch mit spanischer Erbschaftsteuer belegt werden und damit eine echte Doppelbesteuerung entsteht. Mit Beschluß vom 16.01.08 hat der Bundesfinanzhof das das diesbezüglich anhängige Verfahren A.  II R 45/05 ausgesetzt und dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheideverfahrens die Frage vorgelegt, ob die Doppelbelastung von Bankguthaben in Spanien mit deutscher und spanischer Erbschaftsteuer gegen europäisches Recht verstößt.

Damit ist wieder einmal eine neue Entscheidung des EuGH zur Thematik der Besteuerung von Erbschaften und deren Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht zu erwarten.

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